Amateurfunk ist auf den ersten Blick für viele ein „mysteriöses“ Hobby mit Antennen, Funkgeräten und merkwürdigen Rufzeichen – in Wirklichkeit steckt dahinter eine unglaublich spannende Mischung aus Technik, Kommunikation, Forschung und weltweiter Gemeinschaft.

Amateurfunk ist Funkbetrieb, den Privatpersonen mit Lizenz auf speziell zugewiesenen Frequenzen machen, nicht zu verwechseln mit CB-Funk oder Walkie-Talkies.

Als Funkamateur darfst du:

  • mit Menschen auf der ganzen Welt funken
  • selbst Funkanlagen entwickeln, bauen und modifizieren
  • über Satelliten, Reflexion am Mond, die ISS oder einfach über Kurzwelle kommunizieren
  • Experimente machen, z. B. mit Antennen, digitalen Betriebsarten oder Notfunk

Wichtig: Amateurfunk ist nicht kommerziell – es geht um Technik, Lernen, Experimentieren, Gemeinschaft und manchmal auch um Hilfe in Not- und Katastrophenfällen.

Wie spricht man da? Nur „Hallo, wie geht’s?“?

Natürlich kann man einfach plaudern – aber Amateurfunk bietet viel mehr als nur „Smalltalk“:

  • Lokale Runden über ein Relais, z. B. mit Leuten aus deiner Stadt oder Region
  • DX-Verbindungen: Gespräche mit Stationen aus anderen Kontinenten über Kurzwelle
  • Funkbetrieb in speziellen Betriebsarten: Sprechfunk (FM, SSB), Morsen (CW), digitale Betriebsarten (z. B. VarAC, FT8, PSK, RTTY), Bildübertragung (SSTV) und vieles mehr

Jede Betriebsart fühlt sich ein bisschen wie eine eigene „Welt“ an – manche mögen ruhige Morse-QSOs, andere jagen exotische Länder auf Kurzwelle, wieder andere basteln an digitalen Experimenten.

 

Ein paar der faszinierendsten Möglichkeiten...

 

1. Kurzwelle – mit wenig Leistung um die ganze Welt

Auf den Kurzwellenbändern (z. B. 80 m, 40 m, 20 m, 10 m) wird das Funksignal an der Ionosphäre der Erde reflektiert. Dadurch sind Verbindungen über Hunderte bis Tausende Kilometer möglich – oft mit erstaunlich einfachen Antennen.

Beispiele:

  • Mit 50 W und einem Draht im Garten Japan, USA oder Südamerika "arbeiten"
  • Teilnahme an Funkwettbewerben (Contests): In kurzer Zeit so viele Länder oder Stationen wie möglich erreichen
  • Spezielle Veranstaltungen wie „Islands on the Air“ (Inselstationen), „Summits on the Air“ (Berggipfel) oder „Parks on the Air“ (Funkbetrieb aus Parks)

Das fühlt sich oft ein bisschen an wie Angeln: Man „wirft“ sein Signal raus – und ist gespannt, wer sich meldet.

2. Morsen (CW) – die Urform des Funks, immer noch topaktuell

Morsen wirkt altmodisch, ist aber extrem effizient:

  • Kommt mit sehr schwachen Signalen zurecht
  • Schlägt oft Sprechfunk, wenn die Bedingungen schlecht sind
  • Man braucht nur einen kleinen Empfänger/Sender und einen Morsetaster

Many Funkamateure schwören darauf, weil CW eine sehr „direkte“ Art der Kommunikation ist – du hörst den anderen buchstäblich als Tonmuster.

3. Funk über Satelliten

Es gibt eine Reihe von Amateurfunksatelliten, die extra für Funkamateure gebaut und ins All geschickt wurden.

Über diese „fliegenden Repeater“ kannst du:

  • mit einer Station in einem anderen Land sprechen, das gerade ebenfalls unter der Umlaufbahn liegt
  • Bahnverläufe berechnen, Antennen ausrichten, Überflugzeiten planen
  • erleben, wie sich ein Satellit schnell über den Himmel bewegt und du dabei nur ein kleines Zeitfenster von einigen Minuten hast

Das kombiniert Funk, Astronomie, Bahnberechnung und Technik in einem einzigen Experiment.

4. Die ISS hören – und manchmal mit ihr sprechen

Die Internationale Raumstation (ISS) hat Amateurfunk an Bord.

Spannende Möglichkeiten:

  • Die Funkbake oder Sprachempfang der ISS hören
  • Schulfunkkontakte (ARISS): Manchmal können Schulklassen per Amateurfunk direkt mit einem Astronauten sprechen – ein riesiges Erlebnis für die Kids
  • Bilder per SSTV empfangen, wenn von der ISS gelegentlich Bilder gesendet werden (Slow Scan TV)

Es ist ein besonderes Gefühl, ein Signal aus dem Weltraum auf der eigenen Antenne zu empfangen.

5. EME – „Earth-Moon-Earth“: Vom Mond reflektierte Signale

Das ist eine der „Königsklassen“ im Amateurfunk:
Beim EME-Betrieb sendest du dein Signal zum Mond, dort wird ein winziger Teil reflektiert und kommt zur Erde zurück – unglaublich schwach, aber messbar.

Was man dafür braucht:

  • Sehr gute Antennen (meist große Yagi-Felder oder Parabolspiegel)
  • Empfindliche Empfänger und oft digitale Dekodierverfahren
  • Geduld und viel technisches Know-how

Wenn es klappt, ist das ein bisschen wie ein Kontakt mit einer „anderen Welt“ – obwohl es „nur“ unser Mond ist.

6. Not- und Katastrophenfunk

Wenn Strom und Internet ausfallen, funktioniert oft noch eines zuverlässig: Funk.

Amateurfunk kann dann:

  • Kommunikationswege für Hilfsorganisationen unterstützen
  • Meldungen zwischen betroffenen Gebieten und Koordinationsstellen weitergeben
  • als Backup dienen, wenn alle anderen Systeme ausgefallen sind

Viele Funkamateure trainieren das regelmäßig, z. B. bei Notfunkübungen oder Stromausfall-Simulationen.
Das gibt dem Hobby auch eine gesellschaftliche Bedeutung.

7. Technik, Basteln und Lernen

Amateurfunk ist auch ein riesiger Spielplatz für Technikfans:

  • Antennen selbst bauen: Von einfacher Drahtantenne bis zur Satellitenschüssel
  • Eigene Geräte entwickeln: Kleine QRP-Transceiver, Filter, Vorverstärker, Steuerungen
  • Software Defined Radio (SDR) nutzen: Funkwelten am PC sichtbar machen
  • Digitale Experimente: APRS (Positions- und Telemetriedaten), digitale Sprechfunkmodi, Funk-Fernsteuerungen, Telemetrie von Ballons und mehr

Du lernst dabei jede Menge über Elektronik, HF-Technik, Ausbreitungsbedingungen, Programmierung und Messtechnik – ganz nebenbei, beim Spielen.

Gemeinschaft und Kultur: Mehr als nur Technik

Amateurfunk ist nicht nur „Knöpfe drehen“:

  • Ortsverbände und Clubs: Man trifft sich, tauscht Erfahrungen aus, bastelt zusammen
  • Fielddays: Mit Zelten, Antennen und Funkgeräten raus auf eine Wiese – Funk unter freiem Himmel
  • Funkwettbewerbe und Diplome: Wer hat die meisten Länder, Inseln, Berge, Leuchttürme gearbeitet?
  • Rufzeichen-Kultur: Jedes Land hat eigene Präfixe, jedes Rufzeichen gehört einer Person oder einem Verein – man erkennt Länder und manchmal sogar Regionen am Rufzeichen

Viele schließen Freundschaften, die Jahrzehnte halten – manchmal hat man mehr Funkfreunde im Ausland als im eigenen Ort.

Wie wird man Funkamateur?

Kurz gesagt:

  1. Lernen – Grundlagen von Technik, Betrieb und Vorschriften (es gibt dazu Kurse, Bücher, kostenlose Online-Angebote wie z.B. 50-Ohm.de).
  2. Prüfung ablegen – bei der zuständigen Behörde (in vielen Ländern die Telekommunikationsbehörde).
  3. Rufzeichen erhalten – danach bekommst du dein persönliches „Funk-Namensschild“.
  4. Loslegen – Funkgerät besorgen, Antenne bauen, erste Kontakte knüpfen.

Das Schöne: Man muss kein Profi-Ingenieur sein. Viele fangen ohne Vorkenntnisse an – das Wissen wächst mit dem Hobby.

Warum ist Amateurfunk auch heute noch spannend?

In einer Welt voller Internet, Smartphones und Streaming klingt Funk vielleicht altmodisch – ist er aber nicht:

  • Du lernst physikalische und technische Grundlagen auf eine sehr praktische Weise.
  • Du bist unabhängig vom Internet – deine Verbindung läuft direkt über Funk, oft über Tausende Kilometer.
  • Du kannst Dinge tun, die mit normalen Alltagsgeräten unmöglich sind:
    • Dein Signal vom Mond zurückholen
    • mit der ISS kommunizieren
    • einen eigenen Satelliten mitbetreiben
    • bei Stromausfall weiterhin kommunizieren

Und das alles mit einer weltweiten Community, die das gleiche Hobby teilt.